Gaunerinnen - страница 21
Stella war von der Krim zum Studium nach Kiew gekommen, genau wie Natalja. Zuerst wohnte sie in einem Studentenwohnheim, später zog sie zusammen mit ihrer Freundin aus dem Kinderheim Olja in eine Mietwohnung. Gemeinsam betrieben sie dubiose Geschäfte.
In Stellas Umgebung waren immer viele Jungen, aber die betrachteten sie eher als Kumpel oder Kameraden. Sie war eine freche Göre. Die Jungen hatten Respekt vor ihr und hörten auf ihre Meinung wie auf eine Führungsperson. Sie hielt Wort wie ein Junge und folgte harten, gerechten Lebensgrundsätzen, sowohl in der Freundschaft als auch in der Liebe. Deshalb konnte sie nicht viele ihrer eigenen Schranken übertreten, die das Leben und erst recht das Überleben eigentlich nur komplizierter machten.
Natalja zum Beispiel war sich sicher, dass jeder Mann auf dem Weg durch das Bett zu kriegen ist. Stella dagegen benutzte andere Tricks, um hochwertige Männer in die Finger zu bekommen. Sie drückte sich klar und redegewandt aus, schaute den Männern direkt in die Augen, sagte in einfachen, gut verständlichen Sätzen, was sie brauchte und wie sie sich ihr Ideal vorstellte.
Die Männer verfingen sich leicht in ihrem Netz, wie unter Hypnose. Sie sahen in ihr eine Seelenverwandte, die unkompliziert und ungezwungen war. Sie erfüllten alle ihre Wünsche, trugen sie auf Händen. Dieses Mädchen besaß eine unglaubliche Macht über Männer. Viele von ihnen litten nach der Trennung mit ihr so schwer, dass sie jahrelang keinen Ersatz finden konnten.
Bald wurde aus Freundschaft und gemeinsamem Geschäft ein Duell zweier heimtückischer Persönlichkeiten. Natalja beneidete Stella darum, dass die Männer sie fast wie eine Königin behandelten. Sie dagegen wollten alle gleich flachlegen. Von Eifersucht und Neid erfüllt, versuchte sie, alle Männer in Stellas Umfeld durchzuficken, als ob sie der Freundin ihre Überlegenheit beweisen wollte. Stella ärgerte sich natürlich, zeigte es aber nicht, sondern blieb kalt und beobachtete schweigend die Geschehnisse. „Ein Mann, der den Reizen dieser Schnalle nicht standhalten kann, ist bestimmt nicht mein Mann“, redete sich Stella ein. Ihre Lebenseinstellung war idealistisch und ihr Mann sollte treu und würdig sein. Wenn nicht, wollte sie lieber alleine bleiben. Besser allein, als mit dem nächsten Besten zusammen sein. Es wäre unerträglich, jeden Augenblick nur den einen Gedanken im Kopf zu haben: „Hat mein lieber Ehemann vielleicht irgendwo unterwegs eine sexgierige Nymphomanin getroffen, die mein Familienidyll zur Hölle machen wird? Einen Ehebruch könnte ich einfach nicht verzeihen, niemandem, niemals. Aber meinen Mann beschatten will ich auch nicht. Das ist schäbig, das machen nur Feiglinge.“
Natürlich verbarg Stella, dass Nataljas Verhalten sie kränkte, und äußerte keine Ansprüche an Natalja. Sie wusste, dass diese nur darauf wartete, dass sie aufgab, wütend wurde und ihr alles ins Gesicht sagte. Stella wollte Natalja blamieren. Dafür war sie bereit, alles zu tun, sogar zuzugeben, dass sie einem Vergleich mit Freundin nicht standhalten würde. Sie war der Meinung, dass nur ein starker Mensch seine Schwäche zugeben kann.
Einmal versuchte sie, Kleider mit größerem Ausschnitt zu tragen, obwohl sie sich darin unwohl fühlte. Doch ihr Charakter setzte sich durch. Stella wurde schnell wieder sie selbst. Sie lernte, diese für sie so beleidigende Situation auszunutzen. Sie brachte jeden Typen, der mit ihr ausgehen wollte, zu Natalja.