Heute oder nie! - страница 3
ANTON: Aber sie ist heilbar?
DOKTOR: Wie soll ich Ihnen sagen… Sie haben Glück, dass Sie ausgerechnet zu mir kamen. Ein anderer Arzt hätte Sie nie und nimmer behandelt.
ANTON: Ja, das haben Sie schon gesagt.
DOKTOR: Das heißt, Sie erinnern sich daran?
ANTON: Natürlich.
DOKTOR: Das ist gut. Aber erinnern Sie sich überhaupt an irgendetwas?
ANTON: Ich erinnere mich an alles. Kindheit, Schule, Universität, Arbeit. Aber ich kann vollständig vergessen, was mit mir vor einer Woche oder Stunde passiert ist. Und dann plötzlich erinnere ich mich. Und vergesse wieder. Das ist furchtbar.
DOKTOR: Macht nichts, alles ist korrigierbar.
ANTON: Wie heißt meine Krankheit?
DOKTOR: Eine Form von Sklerose. Vorerst schwer zu sagen, welche genau. Es gibt viele. Wie fühlen Sie sich körperlich?
ANTON: Gut.
DOKTOR: (Trägt die Daten in die Krankengeschichte ein.) Wie verhält man sich Ihnen gegenüber bei der Arbeit?
ANTON: Gut.
DOKTOR: Und wie verhält sich Ihre Frau zu Ihnen?
ANTON: Gut.
DOKTOR: Wann hatten Sie mit ihr zum letzten Mal enge Beziehungen?
ANTON: (Nach längerem Überlegen.) Ich erinnere mich nicht.
DOKTOR: (Greift sich verzweifelt an den Kopf.) Mein Lieber, ehrlich gesagt, ich hab´ es mit Ihnen ein bisschen schwer. Lassen Sie uns eine kleine Pause machen.
ANTON: Weshalb?
DOKTOR: Deshalb, weil ich müde geworden bin. Und mein Kopf fängt an wehzutun.
ANTON: (Teilnahmsvoll.) Eine Tablette vielleicht?
DOKTOR: (Schreit.) Nein, danke! Fressen Sie die selbst! (Reißt sich zusammen.) Entschuldigen Sie, ich bin wirklich müde geworden. Wo sind wir stehen geblieben?
ANTON: Dass Sie baten, eine kleine Pause zu machen.
DOKTOR: Was für eine Pause? Ach, ja… Warten Sie bitte im Wartezimmer. Ich werde Sie rufen.
ANTON: (Geht zum Ausgang, bleibt dann aber stehen.) Übrigens, wegen den engen Beziehungen… Sagen Sie, ist meine Krankheit nicht ansteckend?
DOKTOR: Im Grunde nicht. Obwohl… (Denkt nach. Ein unangenehmer Gedanke kommt ihm in den Sinn. Sein Gesicht verfinstert sich.) Neulich wurde behauptet, dass einige Formen von Sklerose von Viren verursacht werden und ansteckend sein können.
ANTON: Das heißt, Sie wollen sagen…
DOKTOR: (Unterbricht ihn.) Warten Sie. Und gehen Sie weiter von mir weg. (Zieht hastig einen Mundschutz an und betrachtet sich besorgt im Spiegel.)
ANTON: Sie haben noch nicht auf meine Frage geantwortet.
DOKTOR: Ach, lassen Sie mich doch wenigstens für fünf Minuten in Ruhe!!
Anton geht hinaus. Der Doktor nimmt von einem Regal ein dickes medizinisches Nachschlagewerk und beginnt es fieberhaft durchzublättern. Nachdem er die gewünschte Information nicht gefunden hat, wirft er es zur Seite. Er gießt sich aus einer Thermoskanne Kaffe ein und versucht, ihn zu trinken, aber der Mundschutz stört ihn dabei. Er nimmt ihn ab, nimmt einen kleinen Schluck aus der Tasse und beruhigt sich langsam. Er bemerkt den Zettel Antons auf dem Tisch, schaut nach und wählt die Telefonnummer.
DOKTOR: Hallo? Marina? Verzeihen Sie. Hier ist wieder der Doktor. Ich will mich für den vorigen Anruf entschuldigen. Ja. Und ich möchte noch sagen, dass Sie, obwohl Sie mich als frech bezeichneten, eine sehr angenehme Stimme haben. Keine Ursache. Das war ein Missverständnis. Einfach weil sich in der Tasche eines meiner Patienten ein Zettel mit Ihrem Namen und der Telefonnummer befand, und er behauptete, dass Sie seine Frau seien. Anton Glöckner. Was!? Sie sind wirklich seine Frau? Aber Sie haben doch gesagt, dass Sie keinen Mann haben! Verzeihen Sie, ich wollte Sie keinesfalls beleidigen. Einer Frau zu sagen, dass sie keinen Mann hätte, bedeutet noch nicht, sie zu beleidigen. Außerdem haben Sie selbst… Verzeihen Sie. Also… Also… Verstehe. Verstehe. Verstehe.