Steinschlag im Suldnertal - страница 2
„Kennen sie Marco P.?“
„Ja. Wie geht‘ s ihm?“
„Marco ist verunglückt. Er ist tot.“
„Ich kann es nicht fassen. Den wollten wir mal unter Vertrag nehmen.“
„Dann kennen sie auch das Gesundheitsprofil von Marco?“
„Aber sicher. Der Mann war topfit.“
„Und was war mit den Bluttests?“
„Ich kann Ihnen sogar Proben geben. Die waren alle sauber.“
„Nehmen sie auch Blutproben von ihrer Mannschaft?“
„Natürlich. Die sind alle sauber. Ich kann ihnen auch davon Proben geben. Die müssen sie aber über die Carabinieri anfordern.“
Toni lässt von der weiteren Befragung ab. Er verabschiedet sich von Mannschaftsarzt. Eigentlich hätte er den Arzt noch fragen können, wie viele Fahrer des Teams mit Sondergenehmigungen unterwegs sind. Die Fahrer mit dauerhaft erhöhtem Hämoglobinwerten haben sehr oft eine Sondergenehmigung.
Die Frage stellt er dem Arzt beim nächsten Mal. Er ist sich sicher, den Arzt noch öfter zu treffen.
Die zwei Masseusen stellen sich neben Toni. Sie nehmen ihn in die Mitte.
„Bleibst du noch heute Abend?“
Toni ist erstaunt von dem guten Deutsch, das die Damen sprechen.
„Sie sprechen gut Deutsch.“
„Wir haben auch in Deutschland studiert.“
„Wie? In Hamburg?“
„Nein. An der Sporthochschule in Köln.“
„Ah. An der Geestemünder Straße?“
„Du Scherzbold. Du kennst dich gut aus.“
‚Also kennen die Damen die Geestemünder Straße in Köln,‘ denkt sich Toni.
„Das Auskennen ist mein Beruf.“
Kuiken zwickt Toni in den Hintern. Wenn das Monika gesehen hätte, würde das Kuiken jetzt eine Watschen kassieren. Monika ist da nicht zimperlich als gestandene Wirtin.
„Du könntest schon auch eine Massage gebrauchen. Du bist ziemlich verkrampft“, sagt Kuiken zu Toni.
Toni wird etwas rot und überlegt, ob er das Angebot annehmen soll. Ermittlungsarbeit. Wenn das Monika erführe, würde er zu Hause die dreifache Ermittlung zu spüren bekommen. Monika würde das hierzulande sofort erfahren. Man kennt sich in Wirtskreisen. In Südtirol bleibt keine Nachricht dieser Kategorie länger als zwei Tage geheim. Bei entsprechender Brisanz, ist das Maul schneller als die Zeitung. Schließlich rennen wir täglich einkaufen und anschließend ins Cafe zum Viertel oder Gespritzten.
Toni geht mit Louis noch zum Trainer. Der redet noch etwas geheimnisvoller als der Arzt. Toni hört aber Etwas heraus. Louis ist selbst erschrocken. Die Mannschaftskollegen aus Belgien haben etwas gegen Italiener und Südtiroler. Jeder dieser Fahrer scheint einen persönlichen Arzt zu haben. Den nennen sie Fitnessmanager oder Personaltrainer. Und die machen sich und ihren Schützlingen das Mannschaftsleben schwer. Ganz nebenbei erfahren sie, Marco hatte auch so einen Manager.
Nach zehn Minuten hat der Trainer der Holländer, Mussle, in seinem Zimmer zu tun. Er entschuldigt sich und lässt Toni allein mit Louis. Kurz darauf kommt noch ein Kollege zu Louis. Er stellt sich mit Lackmus vor und wundert sich über Tonis Unkenntnis seines Namens betreffend. Den kennt schließlich jeder Rennfan. Toni bietet ihm ein Getränk an. Alkohol, Kaffee, Tee und Cola lehnt Lackmus ab. Er müsste noch zum Arzt.
Im Gespräch, das nicht lange dauert, erfährt Toni einige Neuigkeiten. Die Rennfahrer mögen sich untereinander nicht besonders. Kein Wunder, Radfahrer sind Einzelsportler. Selbst die Hilfe für den Spitzenfahrer des Teams muss bezahlt werden. In dem Fall von einem Team oder von einer Mannschaft zu reden, ist wohl unpassend. Mit Geld gründet man ganz sicher keine Mannschaft. Das soll dann der Trainer mit dem billigem Geschwätz von Heldentum richten. Wenn das nicht hilft, müssen die Mediziner eingreifen. Um diese Sportler schlägt sich eine gewaltige Drogenindustrie. Und wehe, einer schwätzt.