Die Enkel des Kolumbus - страница 2
Immer noch habe ich meine erste (platonische) Liebe vor Augen: ich war 14 Jahre alt, als es zuhause klingelte. Vor der Tür stand eine bildschöne Französin, vielleicht 20 oder 25 Jahre jung, und fragte nach M. Wonson, von dem sie wusste, dass wir mit ihm befreundet waren. Sie war aus Paris angereist um ihn zu suchen. Mit herrlichem französischen Akzent “sang” sie: “Bonjour, ich bin eine Freundin von
M. Wonson und von Paris hierher ´getreten´ und suche M. Wonson…. “. Während der Zeit der Suche nach M. Wonson wohnte sie bei uns. Ich war fasziniert. Nachmittags gingen wir im verwilderten Park gegenüber unserer Wohnung spazieren, wenn sie da war. Mit unserem Dackel an der Leine. Meine Spielkameraden verstanden die Welt nicht mehr. Ich eigentlich auch nicht.
Nach einigen Tagen fuhr sie wieder nach Paris zurück: M. Wonson war nicht auffindbar. Später erfuhren wir über gemeinsame französische Bekannte, dass er zu dieser Zeit in Afrika war, auf Abenteuertour.
Eigentlich war es so, dass ich damals ein bisschen Angst vor den Franzosen hatte. In der Zeit, als wir für einige Monate in Koblenz wohnten nach dem Krieg, war folgendes passiert: als 7 jähriger Knirps warf ich aus meinem Versteck in den Büschen am Straßenrand Steine auf einen französischen Militärwagen der gerade vorbeifuhr. Was ich mir so gar nicht vorgestellt hatte passierte dann: der Stein traf das Auto, der Wagen bremste scharf ab, zwei Soldaten sprangen heraus und fischten mich aus den Büschen. Sie packten den schlotternden Jungen in den Wagen und nahmen ihn mit zur Militärkommandantur. Dort saß ich dann eine ewige Zeit in einem Zimmer, – vielleicht 10 Minuten -, und dann schickten sie mich böse dreinschauend nachhause. Das war schlimm. Irgendwie fand ich sogar, dass ich da was falsch gemacht hatte.
Danach war bezüglich Kontakten zu Ausländern über 10 Jahre lang absolute Funkstille. Aber ich war bereits “angesteckt”: mir blieb eine Sehnsucht, die mich mein Leben lang nicht mehr los ließ.
Noch etwas stellte sich als wichtig heraus für mich: später pachtete mein Vater die Jagd bei Kaub, mitsamt der dazugehörigen Jagdhütte. Unzählige Wochenende verbrachten wir auf der Jagdhütte bei Kaub, und die vielen Ansitze und Pirschgänge brachten mich dem Wald, der Natur und der Fauna so nahe, dass ich mich ganz natürlich als Teil des Ganzen fühlte.
Es war meinem Vater keineswegs unrecht dass ich Förster werden wollte. Mein Bruder hatte auch die Forstlaufbahn eingeschlagen, nicht zuletzt auf Grund einer Familientradition: mein Groß- und der Urgroßvater waren auch Förster. Wegen seiner Kriegsverletzung blieb mein Bruder in der Bezirksforstverwaltung. Mein Vater (geb. 1906) hatte eigentlich auch Förster werden wollen, aber nach dem 1. Weltkrieg war die Forstlaufbahn für viele Jahre für junge Leute gesperrt, da die Regierung die sogenannten „Zwölfender“ (Soldaten die zwölf und mehr Jahre gedient hatten) im Zuge der Zivileingliederung als Forstbeamte einsetzte. Der Schritt später der Forstverwaltung einen paramilitärischen Status zu geben war dann nicht mehr weit, und im zweiten Weltkrieg rekrutierten sich die Soldaten der Jägerbataillone und der Gebirgsjäger weitgehend aus der Forstverwaltung.
In den 50er Jahren beschlossen die Westmächte Deutschland wieder zu bewaffnen und die Wehrpflicht wurde eingeführt. In den Kriegsszenarien des kalten Krieges war Deutschland damals von der NATO als Schlachtfeld für den 3. Weltkrieg vorgesehen. Die deutschen Soldaten hatten die Aufgabe auf dem Feld der Ehre den Vormarsch der ersten Angriffswellen der Warschauer Paktstaaten zu verlangsamen. Der Zeitgewinn bis zur Vernichtung der Bundeswehr durch die Sowjetarmee war strategisch wichtig um Teil 2 der Abwehrschlacht zu organisieren: Einsatz der alliierten Luftwaffe unter Anwendung der schon im zweitem Weltkrieg erprobten Materialschlachttechniken, diesmal mit Raketenunterstützung. Natürlich musste Teil 2 schnell greifen, damit sich die Front nicht etwa schon jenseits der Westgrenzen Deutschlands installiert hat. Da die Warschauer Pakt – Staaten mit ihren konventionellen Streitkräften eine erdrückende Übermacht hatten musste der Verteidigungsschlag atomar erfolgen. Das Umpflügen von jedem Quadratmeter Erde und allem was darauf war an Sowjetsoldaten, verbliebenen Deutschen, Städten, Wäldern und Feldern hatte in Deutschland stattzufinden.