Die Enkel des Kolumbus - страница 3
Meinem Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht wurde nicht entsprochen. Sechs (6) Monate nach meinem Dienstantritt im Forstdienst der Bezirksregierung Neustadt/ Weinstraße wurde ich zum Wehrdienst einberufen. Ich konnte allerdings erreichen, dass ich als Soldat nicht dem Verteidigungsministerium unterstellt wurde, sondern meine Wehrpflicht in der sogenannten Territorialverteidigung abdienen konnte, welche dem Innenministerium unterstellt war.
Meine erste Stelle im Forstdienst war im Forstamt Neustadt-Süd. Mein Chef, Forstdirektor Weber, wusste dass ich an Auslandskontakten interessiert war. Zwei (2) mal wöchentlich bekam ich für ein paar Stunden dienstfrei (holte ich an anderen Tagen nach) um an einem Französischkurs an der Volkshochschule Neustadt teilzunehmen. Die Idee dahinter war mich aktiv in die Kontakte des BdF (Bund der Forstleute) mit der französischen Forstverwaltung und französischen Forstleuten einzubringen. Dazu musste ich natürlich erst mal gut Französisch sprechen lernen. Das fiel mir nicht schwer, denn ich hatte Französisch im Gymnasium ab der Sexta als Pflichtfach, da Rheinland-Pfalz französische Besatzungszone war. Dass ich später einmal mein Französisch in Algerien brauchen würde war zu dieser Zeit noch nicht absehbar… .
Anfang 1967 ging meine 18-monatige Wehrpflichtzeit in Hechtsheim bei Mainz zuende. In dieser Zeit traf in der Kaserne ein Brief für mich ein. Absender: Forstdirektor Weber, Neustadt/ Weinstrasse. Darin teilte er mir mit, dass in der Landesregierung Rheinland-Pfalz eine Stellenausschreibung für vier (4) Forstleute im Umlauf sei die sich für die Arbeit in einem Forstprojekt in Afghanistan interessieren. Postwendend stellte ich die für die Bewerbung notwendigen Unterlagen zusammen und sendete sie auf dem Dienstweg an die GAWI>1 in Eschborn bei Frankfurt, die damals zur Abwicklung von Projekten der deutschen technischen Hilfe im Auftrage des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zuständig war. Ich wurde zu einem Auswahlgespräch in die Bundesstelle für Entwicklungshilfe (BfE) nach Frankfurt eingeladen, und kurze Zeit später traf die Mitteilung ein, dass ich berücksichtigt worden war. Und dies, obwohl ich nicht verheiratet war! Die Stellen waren nämlich für Verheiratete vorgesehen, da Afghanistan als eines der konservativsten muslimischen Länder der Welt für einen Junggesellen etwa so saftig ist wie ein trockenes Stück Holz. Man fürchtete einen Koller und schlechtes Betragen.. .
Nun ja: “guerra avisada no mata gente” sagt man in Quito/ Ecuador, was bedeutet: ein angekündigter Krieg bringt die Leute nicht um.
Die Landesregierung beurlaubte mich für die Zeit meines Einsatzes im Forstprojekt Paktia in Afghanistan unter Fortfall meiner Dienstbezüge, jedoch bei Wahrung aller Beamtenrechte und der Garantie der Wiedereingliederung in den Forstdienst nach Ablauf des Projektes.
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>1 GAWI = “Garantieabwicklungsgesellschaft”, eine ehemalige Kolonialbehörde, in den ersten Jahren mit der Abwicklung der Deutschen Entwicklungshilfe betraut
1967, Afghanistan.
Ich saß in einer Maschine der Lufthansa auf dem Weg nach Kabul. In der Tasche einen Arbeitsvertrag für 2 Jahre als Förster in einem Forstprojekt in den Bergen des Hindukush>2. Beim Abschied im Frankfurter Flughafen sagte mir mein Vater: “Also, gut, wenn du unbedingt gehen willst… . Aber komm mir bloß nicht nach einem halben Jahr mit verheulten Augen und eingeklemmten Schwanz zurück. Es ist deine Entscheidung, und das musst du jetzt durchstehen”. Meine Mutter verstand mich wohl besser. Sie lächelte zum Abschied, und wünschte mir viel Glück.Und ich hatte wirklich Glück mit Afghanistan. Das war ein Land… : 100 % nach meinem Geschmack. Die Afghanen fand ich auf Anhieb vertrauenserweckend und angenehm. Stolze Menschen, freiheitsliebend, kultiviert, unglaublich gastfreundlich. Sie lebten in einfachen Verhältnissen: Armut, wie ich sie aus den 50er Jahren von Deutschland her kannte, konnte man das nicht nennen. Alles war ursprünglich, erdig und natürlich.