Heute oder nie! - страница 10
DOKTOR: Am Platz?
JOHANNA: Ja. Wissen Sie, auf ihn muss man ein Auge haben. Lassen Sie uns das Gespräch über Frauen beenden und zur Sache kommen, und zwar zum Gesundheitszustand meines Mannes. Ich bin nicht hergekommen, um fantastische Erzählungen zu hören, sondern um eine Bescheinigung über seine Krankheit zu bekommen.
DOKTOR: Um eine Bescheinigung auszustellen, muss ich zuerst sein Leiden untersuchen. Deshalb will ich auch fragen, seit wann…
JOHANNA: (Unterbrichtihn.) Erstens, hab ich Ihnen schon zwanzigmal davon erzählt.
DOKTOR: Wann?
JOHANNA: (Hört nicht auf ihn.) Zweitens stellen Sie keine unnötigen Fragen und sehen Sie in seine Krankengeschichte. Sie ist in Ihrem PC. Dort steht alles.
DOKTOR: Ich habe keinerlei Krankengeschichte von ihm!
JOHANNA: Wie soll das verstehen? Sind Sie denn dermaßen nachlässig, dass Sie sie nicht führen? Sie wissen doch bestens, dass diese Nachlässigkeit an ein dienstliches Vergehen grenzt!
DOKTOR: Sie vergessen sich!
JOHANNA: (Hart.) Keinesfalls. Ich leide noch nicht unter Gedächtnisverlust. Und ich will Sie daran erinnern, dass die Krankengeschichte nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein juristisches Dokument ist. Im Fall einer gerichtlichen Klage gegen Sie, seitens des Kranken, kann sie die Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit Ihrer verordneten Behandlung beweisen. Ich denke, dass Sie sie entweder nicht anlegten oder vorsätzlich löschten, um vor den Finanzbehörden die Zahlungen zu verbergen, die Sie von uns erhielten.
DOKTOR: Ich habe keinerlei Zahlungen erhalten!
JOHANNA: Regen Sie sich nicht auf, wir werden sie nicht zurückfordern. Das Einzige, das ich will, ist die Bescheinigung über den schweren Zustand meines Mannes und seine Krankengeschichte.
DOKTOR: (Er ist völlig verwirrt.) Die Bescheinigung kann ich Ihnen wohl geben, aber…
JOHANNA: (Unbeirrt.) Und die Krankengeschichte auch.
DOKTOR: Woher nehme ich die?
JOHANNA: Aus dem PC. Aus dem Schreibtisch. Woher Sie wollen. Finden Sie sie, stellen Sie sie wieder her – mich interessiert das nicht.
Der Doktor ist völlig verstört und weiß nicht, was er tun soll. Er nimmt das Fläschchen, sieht, dass die Tropfen aus sind, und geht hinter einen Wandschirm, wo er Medikamente aufbewahrt. Johanna ruft ihm zu.
JOHANNA: Und dass die Krankengeschichte in einer Stunde fertig ist! In genau sechzig Minuten komme ich sie holen!
Geht in Richtung Ausgang, und trifft in der Türe mit einem neuen Besucher zusammen. Das ist ein äußerst solider Mann, in einem klassischen, gut geschnittenen Anzug. Beide werfen sich einen aufmerksamen Blick zu. Johannageht. Der Mann tritt ein. Er besieht sich vorsichtig den Raum und bemerkt nicht gleich den Doktor, der hinter dem Wandschirm hervorkommt. Als er ihn sieht, zuckt der Mann zusammen.
DOKTOR: (Hat sich wieder gefasst.) Mit was kann ich dienen?
MANN: Ich… Ich… Ich…
DOKTOR: Wer sind Sie?
MANN: Ich… Ich… Ich…
DOKTOR: Ja, Sie, Sie, Sie! Nicht ich, Teufel auch!
MANN: Ich… Ich denke nicht, dass mein Name für Sie irgendeine Bedeutung hat.
DOKTOR: Warum nennen Sie ihn dann nicht?
MANN: Wirklich, warum?
DOKTOR: Genau das sage ich auch: Warum?
MANN: Also, schauen Sie, wir sagen beide „warum“?
DOKTOR: Und warum nennen Sie ihn denn dann nicht?
MANN: Weil darin kein Bedarf besteht.
DOKTOR: Hören Sie auf, auszuweichen und sagen Sie es direkt: An was leiden Sie?
MANN: Kann ich mit Ihnen von Mann zu Mann reden?