Die Enkel des Kolumbus - страница 9
Die afghanische Regierung reagierte sehr wohlwollend auf die Projektaktivitäten und beantragte die Erweiterung des Projektes auf die gesamte Provinz Paktia. Paktia ist etwa so groß wie ein durchschnittliches Bundesland in Deutschland.
Eine neue Komponente wurde hierbei erforderlich: agroforstliche Aktivitäten im subtropischen Süden der Provinz Paktia, im Raum von Khost.
Die Forsteinrichtung wurde auf Nuristan ausgedehnt: eine waldreiche Provinz entlang der pakistanischen Grenze, nördlich von Paktia.Wesentlich erweitert wurden die Aufforstungsprogramme in verschiedenen Waldzonen von Paktia.
Und es war nunmehr unumgänglich eine Forstabteilung im Landwirtschaftsministerium in Kabul einzurichten, um die Forstwirtschaft definitiv in Afghanistan zu verankern. Damit kam das Projekt an seine Leistungsgrenze. Insbesondere der letzte Punkt gestaltete sich zähflüssig, denn die Afghanen kamen jetzt in Zugzwang in ihrem Haushalt ein Forstbudget einzuplanen. Bei der knappen Finanzlage hätten hierzu teilweise Mittel der PDA (Paktia Development Authority) abgezweigt werden müssen, was auf Schwierigkeiten stieß. Das Finanzministerium forderte dann die deutsche Seite auf seine Projektmittel über den offiziellen afghanischen Haushalt einzubringen, zur Stärkung des Forsthaushaltes. Das hätte bedeutet, dass die deutschen Steuergelder in den Sumpf der undurchsichtigen Verteilungskanäle des afghanischen Haushalts gelangt wären. Auszahlungen auf der Basis von genehmigten Haushaltsplänen erfolgten meist erst spät im Jahr und hätten sich letztendlich überhaupt nur auf einem Bruchteil dessen eingependelt was an Barem von der deutschen Seite geleistet wurde.
All das führte nach 10 Projektjahren zu einem Patt zwischen den Wünschen der afghanischen Regierung und den Erfordernissen der deutschen Entwicklungshilfe.
Es kam dann so, dass das Paktiaprojekt noch ein Jahr in Eigenregie gezielt besonders förderungswürdige Aktivitäten komplett finanzierte, diese mit Erfolg abschloss und sich dann einvernehmlich im Jahr 1976 aus dem Projekt zurückzog.
Das Forstprojekt Paktia war als technisches Projekt konzipiert worden, hatte als solches Erfolg, und wuchs dann in eine Dimension hinein der es nicht mehr gewachsen war. Das war eine der bitteren Erfahrungen aus der “Gründerzeit” der deutschen Entwicklungshilfe. Das Forstprojekt Paktia war dabei nur eine Komponente des Regionalentwicklungsprojektes Paktia. Bis heute ist es das größte Projekt geblieben welches je im Rahmen der deutschen Entwicklungshilfe durchgeführt wurde. Die Idee dahinter war: klotzen, nicht kleckern. Die Entwicklungshilfe war beseelt von dem Wunsch wirklich etwas ausrichten zu wollen, wirklich dem Land zu helfen. So kam man folgerichtig dazu große Projekte zu konzipieren, da „Entwicklung“ ja ein umfassender Prozess ist, der auf möglichst breiter Ebene das Entwicklungspotenzial der Region abdecken muss, um nicht wie der berühmte Tropfen auf heißem Stein zu verdampfen. Die größte Teilkomponente des Regionalentwicklungsprojektes Paktia war das Landwirtschaftsprojekt, mit Schwerpunkt Obst- und Gemüseanbau. Weitere Komponenten waren ein Schulprojekt, ein Krankenhaus, ein Hoch- und ein Tiefbauprojekt, ein “Wasserprojekt” (Trinkwasserversorgung, Bewässerungsvorhaben, Pumpentechnik) und eine Werkstatt.
Der Fehler in der Projektkonzeption war sicherlich, dass bezüglich der Nachhaltigkeit der Projektwirkungen zwar peinlich darauf geachtet wurde dass jeder deutsche Experte einen möglichst gut ausgebildeten Counterpart hatte der dann später in der Lage war den Experten in der Projektarbeit zu ersetzen. Die institutionelle Verankerung des Projektes durch die lokale Verwaltung und die Ministerien lag jedoch im argen.