Die Enkel des Kolumbus - страница 7



Was wissen wir über die Geschichte in dieser Zeit in Deutschland? Nichts. Die Mund zu Mund Überlieferung ging bei uns verloren. Andere Hinweise gibt es nicht.

Die Sprache vielleicht: Paschtu ist eine der wenigen Sprachen in der Welt die drei Artikel hat: wie im Deutschen. Beide Sprachen zählen zum Indogermanischen Sprachraum.

Noch etwas verblüffendes: Deutsche und die Afghanen sehen sich ziemlich ähnlich. Blaue und graue Augen sind keine Seltenheit, der Körperbau ist ähnlich. Die Gesichtszüge sind manchmal ziemlich grob, manchmal jedoch sehen sie ausgesprochen gut aus -, ein Umstand der auch für die Deutschen gelten kann. Wenn man von Deutschland mit dem Auto nach Afghanistan fährt sieht man bereits im Balkan völlig andere Gesichter. Auch die kantigen Züge der Türken und dann die glutäugigen Perser sind uns nicht gerade aus dem Gesicht geschnitten. Aber mit den Paschtunen in Afghanistan ist das anders: nach ca. 9000 km Reise!

Und da ist noch was -, so etwas wie ein Volkscharakter: die Afghanen sind direkt, ernst und zuverlässig. Das Wort zählt. Ein Versprechen ist mehr wert als ein Vertrag. Auch das ist in vielen Teilen Deutschlands heute noch der Fall.

Auch hierzu eine Episode:

Ich war mit dem Auto unterwegs im Norden von Afghanistan. In Mazar-i-Sharif entdeckte ich in einem Teppichladen einen herrlichen alten Kelim: ein gewebter Teppich, mit warmen, harmonischen Farbmustern. Er gefiel mir sehr gut, aber er war recht schmal und ziemlich lang. Ich war mir nicht sicher ob die Maße stimmten für den Platz den ich vor Augen hatte in meiner Wohnung in Kabul. Inzwischen konnte ich gut genug Farsi um mich mit dem Teppichhändler zu unterhalten. Wir saßen auf einem Stapel von Teppichen und tranken grünen Tee mit Kardamom. Ich hatte erzählt, dass ich in Paktia in einem Projekt arbeite, und gerade auf Rundreise bin um Afghanistan kennen zu lernen. Da machte mir der Teppichhändler den Vorschlag, ich solle den Teppich mitnehmen, und wenn er mir gefiele in der Wohnung könne ich das nächste mal bezahlen, wenn ich wieder nach Mazar-i-Sharif käme. Ich fragte nach Papier, um ihm meine Adresse zu geben: die bräuchte er nicht.

Ich fragte ob ich etwas anzahlen sollte, – nichts von alledem. Zum Abschied gaben wir uns die Hand und wiederholten noch mal kurz wie wir verblieben waren. Das war alles an Sicherheiten. Erst nach Monaten fand ich Zeit wieder nach “Mazar” zu fahren, mit

Geld um den Teppich zu bezahlen. Der Teppichhändler, das wurde mir klar, hatte nie einen Zweifel dass ich kommen würde um den Kelim zu bezahlen, oder um den Teppich gegebenenfalls zurückzugeben. Er hatte mein Wort. Das genügte ihm vollauf.

Aber, dass sollte man auch wissen: die Afghanen werden zu unversöhnlichen Feinden, wenn sie betrogen und hintergangen werden. Sie finden, wen sie finden wollen. Und sie sind hart, mutig und unerbittlich… .

Das ein Versprechen mehr wert ist als ein Vertrag lernten wir bald auch bei der Projektarbeit:

Für die Dorfpflanzungen schlossen wir mit den Dorfältesten immer schriftliche

Verträge ab. Wäre ja auch komisch gewesen, wenn wir der GAWI in Deutschland in unseren Halbjahresberichten mitgeteilt hätten wir würden Dorfpflanzungen machen, weil uns die Dorfältesten versprochen hätten die Pflanzungen zu schützen! Nein, in unseren Berichten klang das so: “im Berichtszeitraum schlossen wir soundsoviele Verträge mit soundsovielen Dörfern ab zur Durchführung von dorfnahen Aufforstungen auf soundsoviel Hektar. Dabei kamen die Unterzeichnenden zu folgender Übereinkunft: …“, und so weiter. Das klang gut, so musste das sein, und auch von der Paktia Development Authority (PDA) in Kabul, unserer afghanischen Counterpartbehörde, wurden wir bestärkt so zu verfahren.