Еврейские судьбы: Двенадцать портретов на фоне еврейской иммиграции во Фрайбург - страница 18
Alle diese Verwandten kamen dann ums Leben: allein in Radaschkowitschi waren das 11 Personen! Nur der Cousin und die Cousine flohen aus der Stadt und retteten sich. Später arbeiteten sie in einem Kinderheim im Gebiet Iwanowo als Erzieher und Erzieherin.
Vor dem Krieg leitete Anjas Mutter ein Kindergarten in Minsk. Wegen dieser Tätigkeit hat sie eigentlich ihr Leben verloren.
So ist es passiert. 5 Tage vor dem Krieg brachte sie ihren Kindergarten ins Freie, auf eine Datscha in Ratomka, die nur 18 km von der Stadt entfernt lag. Das war ein großes Glück, denn nicht allen Kindergärten gelang das. Als sie am 23. Juni in die Stadt zurückkehrte, um Lebensmittel für die Kinder zu holen, erfuhr sie vom Kriegsbeginn. Am Abend kammen die Eltern von den Kindern, am 23. Juni war es noch ruhig in Minsk. Es wurde beschlossen, dass die Mutter nach Ratomka geht, um die Kinder abzuholen, aber es fuhren schon keine Züge mehr. Anna arrangierte ein Auto für die Mutter und zahlte dafür 100 Rubel, was damals eine Menge Geld war. Niemand weiß, ob die Mutter am Zielort ankam, aber sobald sich das Auto vom Haus entfernte, begann man Minsk zu bombardieren. Das war ein schrecklicher Angriff: Er dauerte ununterbrochen von 10 Uhr morgens bis 10 Uhr abends. Alle standen da und warteten: Wen trifft die Bombe?..
Tatarien
Am Abend, als die Bombardierung vorbei war, brannte die ganze Stadt! Dann begab sich Anna mit der jüngeren Schwester und dem Bruder zur Mutter nach Ratomka – und zwar zu Fuß. Sie übernachteten im Wald nahe der Stadt. Am Morgen gingen sie auf die Straße, aber sie war durch die zurückziehenden Truppen verstopft, die hautnah aneinander schritten, so dass es unmöglich war, sich durch diese dichte Menschenmasse durchzukämpfen. Die Geschwister mussten umkehren, sich von diesem Strom blind mitreißen lassen und darauf hoffen, dass der Kindergarten doch in Sicherheit gebracht worden war – wie kann man sich ja etwas anderes vorstellen? (Was in Wirklichkeit mit dem Kindergarten und mit der Annas Mutter geschehen war, blieb bis heute ungeklärt).
Drei Wochen lang bewegten sich zwei Schwestern und der Bruder durch Weißrussland gen Osten – in den Stöckelschuhen, ohne Lebensmittel, ohne Kleidung, nur mit einer kleinen Damen-Aktentasche mit Fotos, Papieren und einem halben Kilo Streuzucker.
Den Zucker lösten sie im Wasser und tranken die Lösung. Sie hatten weder Essen noch Geld. Es gab keine organisierten Mahlzeiten, sie legten Feuer an, kochten etwas – eine Suppe. Bei einer solchen Suppe holte sich der Bruder eine Lebensmittelvergiftung und musste den Weg mit dem Fieber von 40ºC weitergehen. Mal reichte man ihnen eine Tasse Milch, mal noch was: die Menschen hatten Mitleid mit zerlumpten Flüchtlingen. Sie schliefen in einer Reihe hingestreckt, auf der bloßen Erde. Es ist unbegreiflich, wie sie diese drei Wochen überstanden und überlebt haben!
Bei solchen Umständen erreichten sie am 13. Juli die Stadt Roslawl im Gebiet Smolensk. Von dort gelangten sie auf Flachwagen mit Kohlen zum Evakuierungspunkt in Mitschurinsk, wo sie als Evakuierte angemeldet wurden. Sie wurden nach Kasan gesendet und kamen dort erst im August an.
Ihr Juristin-Diplom hatte Anna in ihrer Aktentasche mitdabei. Damit wurde sie bei der Staatsanwaltschaft der Tatarischen Republik angestellt und bekam eine Stelle als Assistentin eines Rayon-Staatsanwaltes zugewiesen. Zwei lange Jahre arbeitete sie in der Stadt Аgrys an der Transsibirischen Eisenbahn.