Heute oder nie! - страница 28



Aus dem Vorwort des Regisseurs Leonìd Cheìfez zur Veröffentlichung des Stücks in der Zeitschrift „Zeitgenössische Dramaturgie“.

Ich habe das Lesen diese Stücks lange vor mir hergeschoben. Ich wollte es „mit nüchternem Kopf“ lesen. Es klappte nicht. Dann entschied ich mich für die einfachste Variante: Ich lese den Anfang und dann stückweise und nach Möglichkeit. Ich begann zu lesen. Der Funke sprang über. Ich musste eine Pause machen. Aber ich wollte noch ein Stückchen lesen… Und dann las ich alles „in einem Atemzug“ durch.

Für mich ist das ein Wunder. Vielmehr ein seltener Fall. Ich habe schon lange kein Stück mehr auf einmal bewältigt. Ich war wie berauscht. Ich unterrichte im Institut, probe im Theater… Und dann hat Valentin Krasnogorov so ein Stück geschrieben. Man kann sagen, eine meisterliche Arbeit. Blendend aus handwerklicher Sicht. Auch zu heutigen Zeiten eine seltene Sache. Wort für Wort „ins Schwarze“. Wo gibt es jetzt noch so eine Dramaturgie? Halloooo!?

Ich wiederhole und bestehe darauf: Das Stück ist blendend gemacht… Hinter der meisterhaften Ausführung der Dialoge schlägt der Puls heißen Bluts.


Handelnde Personen:


Er

Sie


Immer wieder, ob wir der Liebe Landschaft auch kennen

und den kleinen Kirchhof mit seinen klagenden Namen

und die furchtbar verschweigende Schlucht, in welcher die anderen

enden: immer wieder gehn wir zu zweien hinaus

unter die alten Bäume, lagern uns immer wieder

zwischen die Blumen, gegenüber dem Himmel.

Aus: R.M.Rilke, Die Gedichte 1910 – 1922 (Ende 1914)


Erster Akt

Saal eines Hotelrestaurants. Spät abends, das Restaurant ist fast leer. An einem der Tischchen, isst ein Mann mittleren Alters, sich nicht beeilend, zu Abend und liest, scheinbar zerstreut, handschriftliche Aufzeichnungen.

Einige Tische weiter entfernt sitzt eine gut gekleidete, anziehende Frau im besten Alter. Sie trinkt gemächlich Kaffee. Mann und Frau achten scheinbar nicht aufeinander. Obwohl sie ihm unbemerkt einige Blicke zuwirft. Der Mann klopft mit dem Messer an sein Glas, nachdem er den Saal mit Blicken nach dem Kellner abgesucht hat.

Die Frau, offenbar einen Entschluss gefasst, steht auf und tritt an seinen Tisch.

SIE: Entschuldigen Sie, ist hier frei?

Der Mann hebt den Kopf, sieht sich im leeren Saal um und schaut erstaunt auf die Frau.

SIE: Ich frage, ist hier frei?

ER: Ja, frei.

SIE: Kann ich mich auf diesen Stuhl setzen?

Er räumt unwillig die auf dem Stuhl liegende Aktentasche weg.

ER: Ja, bitte.

Sie setzt sich. Er nimmt aus der Tasche ein Papier und vertieft sich demonstrativ darin, einige Korrekturen machend. Sie hängt ihr Täschchen an die Lehne des Stuhls, richtet ihre Frisur und setzt sich bequemer auf dem Stuhl zurecht. Man merkt, dass sie sich „auf längere Zeit einrichtet“.

SIE: Entschuldigen Sie, haben Sie Streichhölzer?

ER: (Sich vom Lesen abwendend) Was?

SIE: Ich frage: Haben Sie Streichhölzer?

ER: Ich rauche nicht.

SIE: Schonen Sie die Gesundheit?

ER: Ich rauche einfach nicht.

SIE: Recht so. Ich rauche auch nicht.

ER: Warum haben Sie dann um Streichhölzer gebeten?

SIE: Ich habe nicht darum gebeten. Ich wollte einfach wissen, ob Sie welche haben oder nicht.

ER: Angenommen, nicht. Was dann?

SIE: Nichts.

ER: Und wenn ich welche habe?

SIE: Auch nichts.

ER: Der Versuch, ein Gespräch anzufangen?

SIE: Vielleicht.

ER: Gehen Sie davon aus, dass er nicht geklappt hat.

SIE: Überhaupt, geht man davon aus, – und ich weiß nicht warum, dass ein Gespräch anzufangen, dem Herren zusteht.